Rede zum Neujahrsempfang des MQLD am 15.01.2006

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste aus der Politik und aus der Asklepios-Klinik in Langen,

wie sieht das Arztbild in unserer heutigen Welt aus, ist es weiterhin wirklich so positiv besetzt wie die Umfragen nach dem höchsten Sozialprestige der Berufe in Deutschland immer vermuten lassen?

Wir beobachten, dass Patienten zunehmend ein Kundenverhalten an den Tag legen. Gesundheit wird als Ware, der Arzt als Dienstleister und der Patient als Kunde dargestellt und empfunden. Zumindest wird dies in den Medien so dargestellt und als sinnvolle Forderung erhoben. Wir hören heute immer wieder vom Konzept des „mündigen Patienten“, von „Selbstbestimmung“ und „Informed Konsent“.

Ist das denn überhaupt möglich?

Ist es denn möglich, dass ein von einer vielleicht schlimmen Erkrankung heimgesuchter Patient mit seinem Arzt einen gleichberechtigten Partner zur Seite hat? Ein Arzt der in der Regel 6 Jahr lang Medizin studiert hat, der 4 - 6 Jahre eine Weiterbildung zum Facharzt genossen hat und danach noch viele Jahre als Facharzt oder gar Oberarzt in einer Klinik gearbeitet hat?

Diese Asymmetrie im Wissen ist immanent - es geht gar nicht anders - letztendlich wird diese Asymmetrie im Wissen auch vom Patienten gefordert und erwartet. Nur darf diese Asymmetrie halt nicht als Unterlegenheit empfunden und vermittelt werden.

Es liegt an uns Ärzten diese Asymmetrie auf zu lösen. Dies kann nur in einem ganz besonderen Vertrauensverhältnis gelingen, die es dem Patienten möglich macht sich für eine begrenzte Zeit in eine „akzeptierte Abhängigkeit“ zu begeben.

Der Schlüssel dazu liegt im vertrauensvollen Gespräch und Anteilnahme. Der Patient wünscht sich den Arzt, seinen Arzt, als einen partnerschaftlichen Ratgeber.

Ein vertrauensvolles Miteinander zwischen Arzt und Patient ist jedoch suspekt – zu mindest für unsere Kontrollorgane, sei es aus Politik, Kassen und anderen selbsternannten Patientenschützern.

Dieser Schutzraum – Arzt/Patient – wird seit Jahren versucht auszumerzen. Instrumente dazu sind Ökonomisierung, Rationalisierung, Fallpauschalen, Budgets, Leitlinien, Beschleunigung der Abläufe, Effizienz und die stärkste Waffe: „fremdnützige bürokratische Überforderung“ der Ärztinnen und Ärzte.

Die Patienten tun sich selbst sicherlich keinen Gefallen damit, die Gesundheit als Ware, Ärzte als Dienstleister und sich selbst als Kunden zu begreifen. Wie viel kostet denn die Gesundheit und wie viel kann sich jeder davon leisten. In einer Gesellschaft wo Geiz geil ist, wird man sich seine Gesundheit dann vielleicht nur noch im Osten Europas oder in asiatischen Ländern einkaufen können.

Wenn wir Ärzte unser Metier in Zukunft so ausüben, wie es in der sonstigen freien Wirtschaft üblich ist, gäbe es natürlich keine Rundum-Versorgung mehr. Es gäbe keine Fort- und Weiterbildung auf unsere eigenen Kosten, es gäbe keine Übernahme der Verantwortung für unsere Patienten über den Geist einer 38,5 Stundenwoche hinaus.

Will der Patient das?

Ich wünsche uns Ärzten vom MQLD ein erfolgreiches Jahr 2006 und das es uns auch in diesem Jahr gelingen wird den oben beschriebenen Konflikt aufzulösen – zum Wohle unserer Patienten, aber auch zu unserem eigenen Wohle.

Dr. med. Klaus Rudolph
1. Vorsitzender des Medizinischen Qualitätsnetz Langen Dreieich (MQLD)

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