Der bewusstlose Diabetiker

In Deutschland leben zur Zeit etwa 5 Millionen zuckerkranke Patienten (Diabetiker), die Blutzucker senkende Medikamente als Therapie benötigen. Mit Sicherheit haben auch Sie Verwandte, Bekannte oder Kollegen, die auf solche Arzneimittel angewiesen sind. Je nach Typ der Erkrankung wird der Blutzucker mit Tabletten oder mit dem Hormon Insulin gesenkt, das regelmäßig gespritzt werden muss.

Sowohl die Behandlung mit Tabletten wie auch die Insulinbehandlung bringen die Gefahr mit sich, dass der Blutzucker ausnahmsweise zu stark gesenkt wird; Folge ist eine Unterversorgung des Gehirns mit dem Energielieferanten Traubenzucker, die wiederum zu Verwirrtheitszuständen, Lähmungen und schließlich Bewusstlosigkeit führen kann, Symptomen der so genannten Hypoglykämie (Zuckerschock). Das kann beispielsweise vorkommen durch Auslassen der geplanten Mahlzeit, außergewöhnliche körperliche Betätigung ohne zusätzliche Kohlenhydrataufnahme, übermäßigen Alkoholgenuss oder Fehler bei der Insulintherapie/Tabletteneinnahme (Überdosierung).

Das bereitet vielen Menschen Angst vor der Behandlung, vor allem wenn sie nicht ausreichend aufgeklärt wurden. Dabei ist eine konsequente Behandlung sehr wichtig, denn jahrelang erhöhte Blutzuckerspiegel bringen schwere Folgeerkrankungen an Herz, Gefäßen, Nerven, Nieren und Augen mit sich.

Was können Diabetiker, die eine Insulinbehandlung bekommen oder Blutzucker senkende Tabletten einnehmen also tun, um dem Problemen der Unterzuckerung aus dem Weg zu gehen? Zunächst sollten Sie ihren Hausarzt auf dieses Problem hin ansprechen. Wenn sich bei der Behandlung Ihrer Zuckerkrankheit Probleme ergeben, wird er Sie an einen Diabetesspezialisten z.B. in eine Diabetologische Schwerpunktpraxis überweisen, wo neben der medikamentösen Einstellung Ihrer Erkrankung eine qualifizierte Schulung erfolgen kann. Die Schulung dient dazu, solche Ereignisse zu vermeiden, bzw. im Notfall damit umgehen zu können.

Woran merkt man, dass ein Diabetiker einen Unterzucker bekommt oder hat?

Das Erkennen einer Unterzuckerung ist oft nicht so einfach, da sie sich sehr unterschiedlich äußern kann und meistens aus völligem Wohlbefinden heraus entsteht. Typische Anzeichen sind: Schweißausbruch, Zittern, Gangunsicherheit, Heißhunger, Koordinationsstörungen, Sprachstörungen, Konzentrationsstörungen, verlangsamtes Handeln, Sehstörungen/Doppeltsehen, Krämpfe, Bewusstlosigkeit.

Häufig wirkt der Patient wie betrunken. Ein großes Problem ist, dass Patienten selbst die drohende Gefahr oft nicht selbst erkennen und ihren Zustand vehement verleugnen. Im Zweifelsfall sollten Sie dennoch handeln.

Was können Angehörige oder Passanten tun, wenn Sie solche Symptome bemerken?

Bemerken Sie bei einer Person in Ihrem Umfeld die beschriebenen Anzeichen und ist diese noch ansprechbar, müssen sie nicht gleich einen Krankenwagen rufen. Sie können leicht helfen, in dem Sie sofort schnell wirksame Kohlenhydrate (Zucker) verabreichen. Hierfür eignen sich z. B. sehr gut Fruchtsäfte (Orangensaft, Apfelsaft, Multivitaminsaft), alle zuckerhaltigen Erfrischungsgetränke und Limonaden – aber natürlich keine Diätprodukte. Gut geeignet sind auch Haushaltszucker/Würfelzucker oder Traubenzucker, den ein Diabetiker eigentlich immer bei sich führen sollte. Vollkommen ungeeignet aber sind Schokolade, Schokoladenriegel oder Eis, weil durch den hohen Fettanteil in diesen Produkten die Zuckeraufnahme in den Körper zu lange verzögert wird.

Was die Mengen der verabreichten Kohlenhydrate betrifft, so sollten Sie hier nicht kleckern sondern klotzen. Um einen ausreichenden Anstieg des Blutzuckers zu erreichen sind mindestens 2 Broteinheiten (24 Gramm Kohlenhydrate) nötig. Sie erhöhen den Zucker um 60 bis 80 mg/dl und sind etwa enthalten in 250 ml Obstsaft oder Limonade, 5 Plättchen Traubenzucker, 10 (!) Würfelzucker oder 12 Gummibärchen.

Kohlenhydrate in flüssiger Form führen sehr rasch zu einem Wiederansteigen des Blutzuckers (ca. fünf bis zehn Minuten) ; das Trinken zuckerhaltiger Getränke führt schneller zu einer Besserung des Zustandes als feste Nahrung.

Geschulte Angehörige können dem bewusstlosen Diabetiker mit einer Injektion des Insulin-Gegenspielers Glucagon sehr schnell helfen. Das als Spritzenset erhältliche Hormon führt zu einer raschen Blutzuckererhöhung und der Patient kommt innerhalb von fünf bis zehn Minuten wieder zu sich. Ist der Patient bewusstlos und steht kein Glucagon zur Verfügung oder bestehen Zweifel an der Entstehung des Bewusstlosigkeit durch eine Unterzuckerung, muss umgehend ein Arzt gerufen werden.

Seltener als die Unterzuckerung (Hypoglykämie) ist die schwere Überzuckerung (Hyperglykämie), die ebenfalls zu Bewusstseinsstörungen führen kann.

Wie kann man eine Bewusstlosigkeit durch Unterzucker (Hypoglykämie) von einer Bewusstlosigkeit durch schweren Überzucker (Hyperglycämie) unterscheiden?

Entstehung meist langsam über Tage, großer Durst, häufiges Wasserlassen, langsames Eintrüben, Acetongeruch in der Ausatmungsluft, trockene Haut/ evtl. Fieber, Patient leidet oft an einem fieberhaftem Infekt, Übelkeit, Bauchschmerzen.

Die Therapie des Überzuckers mit Bewusstlosigkeit erfordert immer ärztliche Hilfe. Sie besteht in der Gabe von schnell wirksamem Insulin und großen Mengen an Flüssigkeit durch Infusionen, welches eigentlich nur im Krankenhaus durchgeführt werden kann.

 

Dr. med. Ingrid Helmstädter
Fachärztin für Innere Medizin
Diabetologin DDG
63225 Langen

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