Der Schwangerschaftszucker – eine immer noch vernachlässigte Gefahr für Mutter und Kind!

Der Schwangerschaftszucker (Gestationsdiabetes) ist in Deutschland eine immer noch zu selten erkannte Erkrankung, obwohl sie bei mehr als 5% der Schwangerschaften auftritt.

Wieso wird der Schwangerschaftszucker häufig nicht erkannt?

Der Schwangerschaftsdiabetes macht bei der Betroffenen meist keinerlei Beschwerden und obwohl viele Fehlgeburten auf das Konto eines nicht erkannten Schwangerschaftsdiabetes gehen, übernehmen die meisten gesetzlichen Krankenversicherungen die Kosten für die Früherkennungsmaßnahmen bei der Schwangeren nur, wenn…

  • schweres Übergewicht besteht (Body Mass Index > 27 kg/m2 )
  • diabetische Verwandte 1. Grades existieren

Oder wenn z.B. in vorangehenden Schwangerschaft eine…

  • Todgeburt nach der 24. SSW vorkam
  • ein zu großes und unreifes Kind (fetale Makrosomie) geboren wurde
  • eine abnorm vermehrte Fruchtwassermenge (Polyhydramnion) bestand
  • Schwangerschaftszucker in einer früheren Schwangerschaft auftrat

Die klärende Maßnahme besteht in der Durchführung eines Traubenzucker-Belastungstestes (Dextro-OGT) in der 24.-28. SSW als individuelle Gesundheitsleistung bei allen Schwangeren. Leider bieten immer noch zu wenige Frauenärzte diesen einfachen Test ihren Schwangeren an. Die Patientin muss die Untersuchung zwar aus eigener Tasche zahlen (ca. 30 €) tut dies aber in der Regel gerne.

Welche Auswirkung hat ein Schwangerschaftszucker?

Während der Diabetes bei Nichtschwangeren im Laufe der Zeit zu Schädigungen der Augen, Blutgefäße, Nieren und Nerven führt, betrifft der Schwangerschaftszucker vor allem das Kind und die Geburt.

Die von der Mutter mit der Nahrung aufgenommenen Stoffe gehen über den Mutterkuchen und die Nabelschnur direkt auf das Kind über. Ein ständig überhöhter Blutzucker der Mutter führt zu einer Zuckermast beim Kind. Es versucht mit seiner Bauchspeicheldrüse die erhöhten Zuckerwerte der Mutter auszugleichen. Dieser frühe, unnatürliche Einsatz der kindlichen Bauchspeicheldrüse erhöht das Risiko für das Kind, später selbst zuckerkrank zu werden. Im Mutterleib wird es dicker und größer als es eigentlich sein sollte, und ist zudem unreif. Dies nennen die Ärzte Makrosomie/Geburtsgewicht 4000 g – 6000 g. Aufgrund der Größe kommt es häufig zu Geburtskomplikationen, so dass die Kinder häufig per Kaiserschnitt entbunden werden müssen. Diese Kinder produzieren auch deutlich mehr Urin was zu einer ungewöhnlich großen Fruchtwassermenge führt und oft eine Frühgeburt zur Folge hat. Nicht selten ist auch die Durchblutung des Mutterkuchens gestört (Placentainsuffizienz), die zu einer vermehrten Blutbildung beim Kind führt, die nach der Geburt bei unreifer Leber zu einer schweren Gelbsucht führen kann.

Was kann eine Schwangere nun tun, damit bei ihr eine Untersuchung auf Schwangerschaftszucker durchgeführt wird?

Sie sollte in der 24.-28. SSW um die Durchführung eines Dextro- OGT bei ihrem Gynäkologen bitten.

Wie wird ein OGT durchgeführt?

Die Schwangere muss eine standardisierte Traubenzuckerlösung trinken. Bewertet werden die Blutzuckerwerte vor dem Test, sowie eine Stunde nach Trinken der Testlösung. Erreicht oder überschreitet nur ein Wert die Normgrenzen, so liegt ein Schwangerschaftszucker vor.

Was ist bei erhöhten Werten zu tun?

Es ist erforderlich dass die Patientin umgehend an eine diabetologische Schwerpunktpraxis zur weiteren Behandlung überwiesen wird. Hier wird versucht, den erhöhten Blutzucker durch eine Umstellung der Ernährung und körperliche Bewegung in den Griff zu bekommen. Falls dies nicht gelingt benötigt die Patientin eine Insulintherapie. Das bedeutet, dass sie mehrfach am Tag ihren Blutzucker messen muss und entsprechend der erhöhten Werte und der geplanten Nahrungsaufnahme dann schnellwirkendes Insulin spritzt. Zur Deckung ihres Grundbedarfes an Insulin wird zusätzlich 2x täglich ein langwirkendes Insulin verabreicht. Sie kann dann trotz Diabetes ein gesundes Kind zur Welt bringen.

Bei den meisten Schwangerschaftsdiabetikerinnen normalisiert sich der Blutzucker mit der Geburt wieder. Dennoch besteht die Gefahr in späteren Jahren an Typ 2 Diabetes zu erkranken.


Dr. med. Ingrid Helmstädter
Fachärztin für Innere Medizin
Diabetologin DDG
63225 Langen

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