Leserbrief zu "Satte Gewinne für Ärzte"

Sehr geehrte Damen und Herren,

zugegebenermaßen bin ich als niedergelassener Arzt bei diesem Thema nicht ganz unbefangen. Dennoch möchte ich meinem Unmut darüber Ausdruck verleihen, dass die "geheimen Berechnungen" der Spitzenverbände der Krankenkassen in einem reißerischen und in weiten Teilen sachlich falschen Artikel unkritisch auf der Titelseite der Frankfurter Rundschau abgedruckt werden.

Ich selbst habe eine überdurchschnittlich große Hausarztpraxis in einer wohlhabenden kleinstädtischen Wohngegend mit hohem Anteil an privat versicherten Patienten, dennoch sind die in Ihrem Artikel erwähnten Einkommen für mich vollkommen utopisch, selbst wenn ich meine Privaterlöse dazu zähle.

Daneben möchte ich anmerken, dass der Gewinn aus einer Arztpraxis nicht -wie in Ihrem Text erwähnt- mit dem Bruttoeinkommen eines Arbeitnehmers zu vergleichen ist. Als Freiberufler muss ich nämlich die Kosten für Krankenversicherung und Altersvorsorge zu 100 Prozent selbst tragen, denn ich erhalte keine Arbeitgeberzuschüsse, ebenso muss ich mich (teuer) gegen Arbeitsunfähigkeit absichern, dann auch auf eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle muss ich leider verzichten. Die Kosten für die gesetzliche Unfallversicherung seien hier nur nebenbei erwähnt. Darüber hinaus ist aus dem Praxisgewinn auch die Tilgung der Praxisinvestitionen zu tätigen, auch dies fand in Ihrem Artikel keine Erwähnung. Ich bin mir absolut darüber im Klaren, dass in unserem Gesundheitssystem über Kosteneinsparungen nachgedacht werden muss und dass in diesem Zusammenhang auch das Vergütungssystem für uns Ärzte auf den Prüfstand gehört (intransparenter und leistungsfeindlicher wie im Augenblick kann es eigentlich kaum noch werden). Dass die Frankfurter Rundschau aber unreflektiert die Propaganda der Krankenkassenverbände weiterverbreitet, finde ich doch einigermaßen enttäuschend.

Mit freundlichem Gruß
Dr. med. Rainer Wittig
Arzt für Allgemeinmedizin


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